Stadtgeschichte

Eilenburg blickt auf eine über 1000jährige Geschichte zurück und kann sich zurecht als eine der Wiegen Sachsens bezeichnen. Mit den Grafen zu Ilburg begann im 11. Jahrhundert die ununterbrochen bis zum Jahre 1918 währende Herrschaft der Wettiner über ein Territorium, aus dem u.a. der heutige Freistaat Sachsen hervorging.
Im Mittelalter blühte Eilenburg vor allem durch das Braugewerbe. Auch Martin Luther hielt sich gern in der wohlhabenden Stadt auf. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) kam das wirtschaftliche Leben dann fast zum Erliegen. Im Jahre 1815 gehörte Eilenburg zu den sächsischen Landesteilen, die zwangsweise an Preußen abgetreten wurden. Dies beschleunigte den Übergang vom Landstädtchen zur Industriestadt. Sie stieg zu einem der bedeutendsten preußischen Zentren der Textilindustrie auf. Die Stadt, die später auch durch chemische, metall- und holzverarbeitende Firmen geprägt wurde, versank im April 1945 in Schutt und Asche. Von diesen schweren Schicksalsschlag hat sich die Muldestadt bis heute nicht ganz erholt.

Zusammenfassung der Chronik

Die ältesten Zeugnisse menschlicher Vergangenheit reichen im Eilenburger Raum bis in die mittlere Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum). Bereits vor rund 12.000 Jahren durchstreiften Jägersippen den eiszeitlich geformten Eilenburger Raum. Träger aller nachfolgenden archäologischer Kulturen hinterließen in der von der Mulde geprägten Umgebung ihre Spuren.
Als im 6. Jahrhundert ostslawische Stämme das von germanischen Bauern verlassene Gebiet besiedelten, waren auf dem Hochufer der Mulde über alten Fernhandelswegen bereits Befestigungsanlagen vorhanden. Die Sorben errichteten eine großflächige Ringburg als Hauptstandort ihrer von natürlichen Gegebenheiten begrenzten Siedlungskammer. Mit der gewaltsamen Eingliederung der sorbischen Gebiete in den deutschen Feudalstaat im beginnenden 10. Jahrhundert ließ der deutsche König Heinrich I. anstelle der Burg der Sorben einen militärischen Stützpunkt als Bestandteil des Burgwardsystems errichten.

Am 29. Juli 961 wird die Existenz der Ilburg in einer Schenkungsurkunde des deutschen Königs Otto I. erstmalig bezeugt. Ab dem Jahre 1000 nannten sich die Herren der Burg "Grafen zu Ilburg". Nachdem die Ilburger bereits Markgrafen der Niederlausitz geworden waren, wurden sie im Jahre 1089 durch die Übertragung der Mark Meißen an Heinrich I. zu Ilburg zu den Begründern des wettinischen Territorialstaates. Damit begann die ununterbrochen bis zum Jahre 1918 währende Herrschaft der Wettiner über ein Territorium, aus dem u.a. der heutige Freistaat Sachsen hervorging. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts entstand im Schutze der mächtigen Burg eine planmäßige ovale Stadtanlage von 600 m Länge und 300 m Breite mit gitterförmigem Straßennetz. Es waren vor allem flämische Kolonisten, die sich die feuchten Niederungen der 1161 erstmalig genannten städtischen Siedlung erschlossen.
Die in West-Ost-Richtung verlaufenden Handelswege bestimmten die Form der Stadt und erweiterten sich im Stadtzentrum zu einem großen Straßenmarkt. Nach dem Verkauf von Burg und Stadt durch die Herren zu Ilburg erwarben um 1400 die Markgrafen zu Meißen die Burg ihrer Ahnen und die zugehörige Stadt. Die zerstörte Burg ließen sie als Verwaltungssitz des Amtes Eilenburg (ab 1402) wieder aufbauen. Der Stadt verliehen sie eine Reihe bedeutender Privilegien, die die wirtschaftlichen und politischen Positionen der bürgerlichen Schichten wesentlich förderte. Vor allem das Braugewerbe blühte, nicht zuletzt durch die noch heute einmaligen, riesigen Bergkeller. Sogar Martin Luther hielt sich gern und oft in der von ihm als "gesegnete Schmalzgrube" bezeichneten wohlhabenden Stadt auf. Die Vielzahl der damals errichteten repräsentativen Bauten in der Stadt zeugen von Selbstbewusstsein und der Wohlhabenheit der Eilenburger Bürger.

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648) kam das blühende wirtschaftliche Leben fast zum Erliegen. Die Kriegswirren, Seuchen und Hunger hatten nur wenige Eilenburger überlebt. Dem Pfarrer und Poeten Martin Rinckart, u. a. Schöpfer des Liedes "Nun danket alle Gott" (1630), ist es zu danken, dass 1639 die Stadt nicht vollends durch schwedische Truppen zerstört wurde.
Der siebenjährige Krieg (1756 - 1763) und die Napoleonische Fremdherrschaft (1806 - 1813) brachten den Bewohnern der kleinen Ackerbürgerstadt wiederum unsagbare Entbehrungen und Belastungen. Napoleon hatte kurz vor der Völkerschlacht bei Leipzig in Eilenburg Quartier bezogen und vor dem Dorf Kültzschau (heute Stadtteil Ost) die letzte Heerschau seiner verbündeten sächsischen Truppen abgenommen. 1815 gehörte Eilenburg zu den Landesteilen Sachsens, die an Preußen abgegeben werden mussten. Durch den Anschluss an das damals fortschrittlichste deutsche Land wurde der Übergang vom Landstädtchen zur Industriestadt maßgeblich beschleunigt. Vor allem sächsische Textilunternehmer suchten an diesem günstigen Standort in Nachbarschaft mit der Handelsmetropole Leipzig und den Mühlgraben als Energiequelle nutzend, Fuß zu fassen, um am riesigen preußischen Markt teilzuhaben. Stadtmauern (1820) und Stadttore (1835) mussten der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung weichen. Von 1800 an war Eilenburg binnen 50 Jahren mit ca. 10.000 Einwohnern zur größten Stadt weit und breit gewachsen und war zugleich zu einem der bedeutendsten preußischen Zentren der Textilindustrie aufgestiegen.

Wie in keiner anderen Stadt spiegelten sich hier die sozialen Spannungen und Gegensätze dieser Zeit wider. Nicht von ungefähr wurde Eilenburg zur Wiege der deutschen Genossenschaftsbewegung und hatte hier das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer in Form von Betriebsräten seinen Ursprung (Dr. Bernhardi, Degenkolb und Fritzsche).
Die Auswirkungen der Gründerzeit änderten grundlegend die industrielle Struktur der seit der Mitte des 19. Jahrhundert durch Eingliederung von sieben Vorstadtgemeinden aus drei Stadtteilen bestehenden Kommune. Bedeutende chemische, metallverarbeitende und holzverarbeitende Firmen stellten seitdem die Haupterwerbsquelle für die Bewohner der seit 1872 an das Schienennetz angeschlossenen Stadt dar.
Beide Weltkriege gingen auch an Eilenburg nicht spurlos vorüber, und vor allem der 2. Weltkrieg hatte verheerende Folgen. Am 17. April 1945, 10.30 Uhr, wurde Panzeralarm gegeben und ein deutscher Befehlshaber erklärte die Stadt zur Festung, d. h. Verteidigung bis zum Äußersten. Der Befehl lautete: "Die Muldelinie muss verteidigt werden!" In Anbetracht dieses wahnsinnigen Unterfangens versammelten sich am Morgen des 18. April 1945 hunderte Eilenburger auf dem Marktplatz und forderten die Revision des verbrecherischen Befehls. Alle Proteste blieben ergebnislos. Viele Eilenburger verließen daraufhin die Stadt, und etwa 4500 Menschen suchten Schutz in den Bergkellern.
Einige Eilenburger hingen trotz anders lautender Befehle weiße Tücher zum Zeichen der Kapitulation aus ihren Fenstern. Die Brücken wurden gesprengt, das Ultimatum der Amerikaner nicht geachtet. Bis dahin war Eilenburg, abgesehen von einem Bombenabwurf auf Eilenburg-Ost und der Explosion eines Munitionstransportes auf dem Bahnhof, von größeren Zerstörungen verschont geblieben. Neun Tage wurde gekämpft, drei Tage und drei Nächte lag die Stadt unter schwerem Beschuss, dann war sie nur noch ein rauchendes Trümmerfeld. Die sinnlose Verteidigung forderte etwa 200 Menschenleben, darunter viele Hitlerjungen, die fanatisch "dem Führer" bis in den Tod folgten. Mehr als 90 Prozent der Gebäude des alten Eilenburg lagen in Schutt und Asche.